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BRussells Tribunal:

Legitimierte Besatzung?
Offener Brief an Amnesty International wegen ihrer Kampagne zur irakischen Verfassung

Wir beglückwünschen Amnesty International zu der mutigen Haltung gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen, die von den Besatzungsstreitkräften gegen das Volk des Irak unter Führung der USA begangen wurden, wie im Jahresbericht 2005 von Amnesty International ausgeführt: (Amnesty International annual report of 2005)

»Streitkräfte im Irak begingen unter Führung der USA schwere Menschenrechtsverstöße, darunter ungesetzliche Tötungen und willkürliche Festnahmen, und es gab Beweise für Folter und Mißhandlungen. Tausende von irakischen Zivilisten starben bei bewaffneten Zusammenstößen zwischen Streitkräften unter US-amerikanischer Führung und irakischen Sicherheitskräften einerseits und bewaffneten Gruppen andererseits.

Bewaffnete Gruppen begingen schwere Menschenrechtsverletzungen, darunter gezielte Angriffe gegen Zivilisten, Geiselnahmen und Tötungen von Geiseln. Inmitten der täglich zunehmenden Gewalt wurden Frauen weiterhin belästigt und bedroht. Die Todesstrafe wurde im August von der neuen Interimsregierung wieder eingeführt.«

Die nach diesem Bericht von Herrn Schulz, Chef der US-Sektion von Amnesty International, gegebenen Empfehlungen waren eindeutig:

»Falls die Regierung der USA weiterhin ihre Verantwortung scheut, appelliert Amnesty International an fremde Regierungen, nach internationalem Recht ihren Verpflichtungen nachzukommen und gegen alle in den Folterskandal verwickelten höheren Beamten der USA zu ermitteln«, erklärte Schulz und fügte hinzu, daß Verstöße gegen die Antifolterkonvention, die von den Vereinigten Staaten und 138 anderen Staaten ratifiziert worden ist, unter jeder Gerichtshoheit verfolgt werden können.

Am 9. August 2005 verbreitete Amnesty International einen »Aufruf für eine auf Menschenrechten beruhende Verfassung« (»Call for a human rights based constitution«). Diese Alarmbereitschaftsaktion ruft Menschen dazu auf, an Dschaafari (der irakische Ministerpräsident Ibrahim Al-Dschaafari, d. Red.) zu schreiben und ihn zu bitten sicherzustellen, daß die Verfassung so ausfällt, daß die Menschenrechte respektiert werden. Selbstverständlich machen wir uns die Idee zu eigen, daß Iraks Menschenrechte künftig viel besser geschützt werden als gegenwärtig. Nichtsdestoweniger sollte jeder, der sich um Menschenrechte kümmert, die Gültigkeit einer Verfassung in Frage stellen, die in der gegenwärtigen Lage zustande kommt.

Ein Bericht aus Bagdad

Unsere Sorgen mag ein Anruf illustrieren, den wir von einem bekannten Menschenrechtsaktivisten aus Bagdad erhalten haben, der starke Vorbehalte gegen die Alarmbereitschaftsaktion von Amnesty International hat. Aus Sicherheitsgründen können wir seinen Namen nicht offenlegen. Wir bitten, dies zu entschuldigen, aber nach unserer Meinung sollten Menschen in einem Kriegsgebiet immer noch das Recht und die Gelegenheit haben sich zu äußern, ohne ihr Leben zu riskieren. Dies zeigt auch, wie besorgniserregend die Lage im Irak ist, und wie weit die »Salvador-Option«, der staatlich gelenkte Terror gegen die Bevölkerung, inzwischen in Aktion ist.

»Ich höre, daß Amnesty International mit einer Kampagne für Menschenrechte im neuen irakischen Verfassungsentwurf wirbt. Wie wunderbar, daß man sich um unsere Menschenrechte in der Zukunft Sorgen macht ... aber was ist mit jetzt? Warum macht Amnesty International keine Kampagne oder sagt wenigstens etwas über die Hunderttausenden unschuldigen Iraker, die monate- und jahrelang in US-amerikanischen Gefängnissen ohne die geringsten Rechte gefangengehalten werden? In bekannten und unbekannten Gefängnissen inner- und außerhalb Iraks? Warum tut man nicht etwas wegen der Hunderte von Irakern, deren Leichen jeden Tag auf Müllhaufen gefunden werden mit Anzeichen von schrecklicher Folter an ihren Körpern, nachdem sie ein paar Tage zuvor verschwunden waren? Was ist mit dem elenden Leben, das die irakische Regierung den Irakern in jedem Lebensbereich bereits seit Monaten zumutet? Hält Amnesty International das Neuschreiben der Verfassung jetzt für ein rechtmäßiges Verfahren? Offenbar tut man das, aber auf welcher Grundlage? Der Krieg und die Besatzung im Irak sind illegal (selbst Kofi Annan sagt das). Wer hat den Entwurf gemacht? Ein Mitglied des Redaktionsausschusses gab zu, daß ein Entwurf aus den USA kam. Wieso ist dies legal?

Ich möchte Amnesty International gerne eine Frage stellen: Warum ist es so notwendig, jetzt eine neue Verfassung für Irak zu schreiben? Alle politischen Parteien, die Regierung, die Nationalversammlung, die Medien etc. sind jetzt seit Monaten mit den umstrittenen Punkten in der Verfassung beschäftigt und werden es auch noch ein paar Monate länger sein. Unterdessen steckt das Land voller Probleme: Sicherheit, öffentliche Dienstleistungen, Wirtschaft, Umwelt, Korruption, Umgang der irakischen Regierung mit den Menschenrechten ... um nur wenige zu nennen ... Vor zwei Tagen suchte ich einen Gebäudekomplex für Zahnärzte auf, den größten in Bagdad, wo mindestens 50 Zahnärzte arbeiten. Sie konnten meinen Zahn nicht ziehen, da sie keine Anästhetika hatten … seit Monaten ein sehr gewöhnliches Problem in den irakischen Krankenhäusern. Umso schlimmer für meine Zähne, aber stellen Sie sich dies bei Notfällen vor. In Tal Afar haben die Familien seit Anfang des Jahres nicht ihre Lebensmittelrationen bekommen oder sonst irgendwelche Nahrungsmittel. In vielen irakischen Städten, in den meisten, gibt es keine Behörde, kein Recht, keine Polizei, keine Gerichte, nur bewaffnete Milizen und ihre politischen Parteien. In vielen Teilen des Irak haben ethnische Säuberungen eingesetzt. Die Regierung in der schwer befestigten Grünen Zone ist damit beschäftigt, an der Verfassung zu arbeiten.

Während der jüngsten Angriffe auf Haditha waren über zwei Monate lang alle Nachrichtenprogramme, der politische Dialog, die Diskussionsforen auf die Verfassung konzentriert, und in dieser Zeit wurde eine größere irakische Stadt praktisch hingeschlachtet. Niemand sagte ein Wort über sie, als ob dies auf dem Mond geschähe. Glauben Sie, daß dies Zufall ist? Und übrigens: Auch an anderen Orten geschah und geschieht dies ständig

Es gibt jetzt so viele Probleme im Irak, so viele tägliche Verbrechen, bei denen unschuldige Menschen verhaftet, gefoltert, getötet werden. Warum ist es so wichtig, all diese Verbrechen zu vernachlässigen und sich mit der Verfassung zu beschäftigen? Warum ist das so dringend?

Nicht Saddam hat die irakische Verfassung gemacht, und wenn es in den letzten 30 Jahren einige Änderungen oder zusätzliche Resolutionen gegeben hat, dann können diese doch einfach aufgehoben werden. Wir können unsere Verfassung behalten, bis wir eine ordentliche Regierung und Nationalversammlung haben. Nachdem wir die dringendsten Probleme gelöst haben, können wir uns Zeit nehmen, die humanitärste und fortschrittlichste der Welt zu entwerfen.

Gefährlicher noch ist vielleicht die Tatsache, daß das Umschreiben der Verfassung jetzt die Spaltungen unter den Irakern vertieft und sie an den Rand des Bürgerkriegs treibt, weil gegenüber manchen von ihnen gewisse Zusagen gemacht wurden, sofern sie am politischen Prozeß, den sie anfangs ablehnten, teilnehmen würden; aber, nachdem sie zugestimmt hatten, stellten sich diese Zusagen als unehrlich heraus. Nun erklären diese Gruppen, daß sie getäuscht worden sind, und sie lehnen den der Nationalversammlung vorgelegten Entwurf ab. Wozu all diese Probleme? Um Bush zu helfen, im Irak erfolgreicher dazustehen, ihm mehr diplomatischen Kredit zu geben?

Um die Wahlen abzuhalten, wurden Tausende von Menschen getötet, und die gesamte Stadt Falludscha wurde zerstört. Und nun, was ist jetzt nötig, um die Verfassung durchzusetzen? Ein Bürgerkrieg?

Sehen Sie nicht, daß dies ein Spiel ist? Die politischen Parteien und die ethnischen sowie konfessionellen Gruppen nutzen die Chance, eine Verfassung durchzusetzen, die ihren Interessen und den Interessen ihrer Herren entspricht, nicht den Interessen des Irak. Ich sage dies nicht aufgrund eines persönlichen Vorurteils, nein, sie sagen es selbst ganz offen. Und im übrigen herrscht eine sehr ungesunde, nicht-objektive Atmosphäre, in der diese Verfassung geschrieben wird, was in der gegenwärtigen Lage zu erwarten und normal ist. Aber das ist nicht der richtige Weg, eine Verfassung zu schreiben.

Ich weiß sehr genau, wer die Freunde und wer die Feinde des Irak und seiner Bevölkerung sind. Ich habe nichts gegen irgendeine internationale Organisation. Im Gegenteil, ich habe für meine Kampagne über verschwundene Personen selbst eine internationale Organisation dringend nötig. Ich möchte, daß diese Organisationen herkommen und sich mit den Verstößen befassen, die von der Besatzung im Irak begangen wurden und werden. Wir brauchen sie dringend, damit sie sich anschauen, was die Besatzung mit dem Umschreiben der Verfassung vertuscht. Wir brauchen sie für die Kampagne zur Befreiung der Unschuldigen, oder damit sie im Gefängnis wenigstens einige Rechte haben, und nicht für eine Kampagne für einen politischen Prozeß, der auf einer falschen Grundlage aufgebaut ist.

Das Problem ist, daß die Welt einen, der im Feuer verbrennt, bittet, mit leiser Stimme zu schreien. Haben sie schon einmal die Erfahrung gemacht, mit dem Tod überall ringsumher zu leben, mit Furcht vor allem und jedem, mit den entsetzlichen Geschichten und Bildern, denen einige Iraker ausgesetzt sind? Entschuldigen bitte Sie meine Frustration mit meinem Respekt vor allen internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte verteidigen.«

Ein Artikel der irakischen Schriftstellerin und Kolumnistin Haifa Zangana in The Guardian vom 17. August (2) enthält im wesentlichen dieselbe Botschaft, die uns aus dem Irak erreicht hat:

»Vielleicht müssen wir daran erinnert werden, daß diese Verfassung in einem Kriegsgebiet, in einem Land am Rande des Bürgerkrieges geschrieben wird. Dieser Prozeß ist so angelegt, daß er nicht die Notwendigkeit einer Verfassung für das irakische Volk reflektiert, sondern einem aufgezwungenen Zeitplan entspricht, mit dem die Legitimierung der Besatzung bezweckt wird. Das Verfahren des Schreibens der Verfassung hat sich zunehmend eher als spaltend denn als einigend erwiesen. Unter Saddam hatten wir eine Verfassung, die als ›fortschrittlich und säkular‹ galt. Diese hat ihn nicht gehindert, die Menschenrechte zu verletzen, darunter die der Frauen. Dasselbe geschieht jetzt. Die Milizen der Parteien, die in der Interimsregierung tonangebend sind, sind in tägliche Verstöße gegen die Menschenrechte der Iraker verwickelt, insbesondere der Frauen, und dies mit dem Segen der Besatzung. Wird die neue Verfassung dieser Gewalt ein Ende setzen?«

Wir stimmen darin überein, daß eine »Verfassung auf das internationale Recht als eine der Quellen der nationalen Gesetzgebung Bezug nehmen sollte, und daß für den Fall eines Konflikts zwischen nationalem und internationalem Recht, die Verfassung den Vorrang des internationalen Rechts festlegen sollte«, wie dies in dem Katalog von Empfehlungen dargelegt wird, den Amnesty International am 11. August 2005 veröffentlicht hat. Wir bedauern, daß Amnesty International, eine angesehene Menschenrechtsorganisation, anscheinend nicht anerkennt, daß der Angriffskrieg, die anschließende Besatzung, die Änderung irgendwelcher Rechtsvorschriften unter der Besatzung und dieses ganze Verfahren des Schreibens einer neuen Verfassung einen völligen Bruch des internationalen Rechts darstellen. Möge sich Amnesty International von uns an ein Urteil des Internationalen Militärtribunals von Nürnberg in Deutschland 1946 erinnern lassen: »Die Entfesselung eines Angriffskrieges ist daher nicht nur ein internationales Verbrechen; es ist das oberste internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es in sich das akkumulierte Übel des Ganzen enthält.« Wie kann denn eine »auf Menschenrechten beruhende Verfassung« aus »dem obersten internationalen Verbrechen« hervorgehen?

Vor wenigen Wochen erging ein höchst bedeutsames, mehr als 130 Seiten umfassendes Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts. Auf der Grundlage einer sorgfältigen Argumentation kamen die Richter zu dem Schluß, daß der Angriff der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten gegen den Irak ein eindeutiger Angriffskrieg war, der gegen internationales Recht verstieß.

Die Besatzung selbst stellt die schwerste Verletzung der Menschenrechte und der Menschenwürde dar. Die Legitimität und Autonomie dieser Regierung, die nach einem illegalen und illegitimen Angriffskrieg von den Besatzungsstreitkräften der USA eingesetzt wurde und völlig unter ihrer Kontrolle steht, wird nicht nur von einem Großteil der irakischen Bevölkerung in Zweifel gezogen, sondern auch von der internationalen Friedensbewegung und von Völkerrechtlern.

Die vom 23. bis 26. Juni 2005 in Istanbul abgehaltene Tagung des Welttribunals über Irak (WTI), eines Netzwerks unabhängiger Gruppen und Einzelpersonen aus aller Welt, die in gemeinsamer Arbeit zur Aufklärung des von den USA angeführten Angriffskriegs gegen den Irak und der Verbrechen der Besatzungsstreitkräfte ermitteln, führte auf dem Höhepunkt der Tagung zu einer Erklärung der Jury des Gewissens. Diese Jury kam zu dem Ergebnis, daß die Invasion nach internationalem Recht illegal war, wie auch die anschließende Besatzung illegal ist.

Darin heißt es u.a.:

»Ergebnisse im Überblick

10. Allen Gesetzen und Institutionen, die unter der Ägide der Besatzung entstehen, fehlen jede rechtliche oder moralische Autorität. Die kürzlich durchgeführte Wahl, die konstituierende Versammlung, die gegenwärtige Regierung und der Ausschuß für die Erarbeitung der Verfassung sind folglich unrechtmäßig. (...)

Wir empfehlen:

3. Alle Gesetze, Vereinbarungen, Verträge und Einrichtungen für null und nichtig zu erklären, die unter der Besatzung zustande kamen und von der irakischen Bevölkerung als unvereinbar mit ihren Interessen angesehen werden. (...)

10. Daß sich Menschen rund um die Welt jedweder Bemühung ihrer Regierungen widersetzen, materielle, logistische oder moralische Unterstützung für die Besatzung des Irak zu leisten. (...)

Völkerrechtlicher Anhang (...)

III. Die Besetzung des Iraks hat das Selbstbestimmungsrecht des irakischen Volkes eklatant verletzt: Artikel 1 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (1966): »(1) Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.«

Es ist offensichtlich, daß die Besatzung – durch ihre Verordnungen, Praktiken, die Auferlegung einer Interimsregierung, gesteuerte Wahlen, und verwaltetes Verfassungsgebungsverfahren – das Selbstbestimmungsrecht des irakischen Volkes verletzt hat, ein Grundbestandteil der internationalen Menschenrechte .

Der volle Wortlaut der Schlußfolgerungen der Jury des Gewissens ist dokumentiert unter: 
http://www.worldtribunal.org/main/?b=91  (in englisch,  auf deutsch unter: http://www.iraktribunal.de/internat/istanbul2005/final_declaration_dt.htm)

Diese Schlußfolgerungen werden, wie erwähnt, von vielen Menschenrechtsaktivisten, einem großen Teil der weltweiten Friedensbewegung und einer beträchtlichen Zahl von Sachverständigen für internationales Recht unterstützt.

In dem oben erwähnten Dokument vom 11. August plädiert Amnesty International für eine Ausweitung des Artikels 44 des Verfassungsentwurfs, der auf internationales Recht Bezug nimmt. In Übereinstimmung mit Amnesty International und vielen irakischen Menschenrechtsorganisationen bedauern auch wir heute die Beseitigung dieses Artikels aus der Schlußversion des Verfassungsentwurfs. 
In demselben Dokument betont Amnesty International die Bedeutung »der Schaffung einer universellen Gerichtsbarkeit für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und ›Verschwindenlassen‹, damit die irakischen nationalen Gerichte ermitteln und, sofern ausreichendes, zulässiges Beweismaterial vorliegt, jeden strafrechtlich verfolgen können, der irakisches Territorium betritt und dieser Verbrechen verdächtig ist, ungeachtet des Umstands, wo das Verbrechen begangen wurde, oder der Staatsangehörigkeit des Angeklagten oder des Opfers«. 

Begangen wurden und werden diese Verbrechen von den Besatzungsstreitkräften, insbesondere den USA, die das Land bis jetzt kontrollieren, sowie von den irakischen Institutionen, die unter US-Aufsicht eingerichtet wurden. War es nicht die gegenwärtige US-Regierung, die drohte, in den Niederlanden einzufallen, falls eines der Mitglieder der US-Regierung vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verfolgt werden würde?

Die Beseitigung des Artikels 44 hat uns in der gegenwärtigen Lage nicht überrascht, und wir glauben auch nicht, daß die neue Verfassung jemals irgendwelche Bestimmungen enthalten wird, welche zur Verfolgung derjenigen führen könnten, die die Verbrechen gegen das irakische Volk angeordnet haben, wie der Präsident der USA oder andere Regierungsvertreter und hohe Militärs.

Daher sollte argumentiert werden, daß die Grundvoraussetzung für die Erarbeitung einer Verfassung für den Irak die schnelle Beendigung der Besatzung mit einem Rückzugszeitplan für alle ausländischen Truppen ist. Nur dann und unter der vollen Souveränität des irakischen Volkes kann eine unabhängige Regierung des Irak gebildet werden. Eine solche Regierung kann dann entscheiden, ob und wann eine Verfassung erarbeitet werden sollte.

Im Sinne vorstehender Überlegungen würden wir es für angebracht halten, wenn Amnesty International seine Bemühungen darauf konzentrierte, die schweren von den Besatzungstruppen gegen das irakische Volk begangenen Menschrechtsverletzungen anzuprangern, um die verantwortlichen Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen, statt eine Kampagne zu starten, welche dieser unmenschlichen Besatzung und ihrer Quisling-Regierung, deren Legalität höchst zweifelhaft ist, de facto ein Stück Legitimation gibt. Wir empfehlen sehr nachdrücklich, daß Amnesty International sich auf das humanitäre Völkerrecht konzentriert, um sicherzustellen, daß schwere Verstöße gegen die Genfer Konventionen angemessen behandelt werden.

Im Namen des Brussells Tribunal Executive Komitees:

Prof. Lieven De Cauter (philosopher, K.U. Leuven / Rits)
Patrick Deboosere (demographer, VUB)

Hana Al Bayaty (filmmaker / journalist & Iraq editor Al Ahram - Iraq / Egypt / France)

Dirk Adriaensens ( coordinator SOS Iraq)

Prof. Jean Bricmont (scientist, specialist in theoretical physics, U.C. Louvain-La-Neuve)

Prof. Em. François Houtart (Director of the Tricontinental Center - Cetri)

Prof. Pierre Klein (Professor International Law, U.L. Bruxelles)

Inge Van De Merlen

sowie: 

Hans von Sponeck (Former UN Assistant Secretary General & United Nations Humanitarian Coordinator for Iraq 1998-2000 - Germany)

Michael Parenti (author – USA)

Nermin Al-Mufti (Former co-director of Occupation Watch  - Journalist - Iraq)

Ghazwan Al-Mukhtar (Engineer - Iraq)

Abdul Ilah Al-Bayaty (Writer - Iraq / France)

Haifa Zangana (Novelist - Iraq / UK)

Sabah Al-Mukhtar (President of the Arab Lawyers Association - Iraq / UK)

Dr. Imad Khadduri (Nuclear scientist - Iraq / Canada)

Sami Ramadani (Senior lecturer in sociology at London Metropolitan University - Iraq / UK)

Mundher Al-Adhami (Research Fellow at Kings College London - Iraq / UK)

Mohammed Aref  (Science writer - Iraq / UK)

Amal Al-Khedairy (Expert on Iraqi History, Culture, Archeology Arts and Crafts - Iraq)

Niloufer Bhagwat (Vice President of Indian Lawyers Association - Mumbai / India)

Dahr Jamail (Journalist - USA)

Karen Parker (Attorney - USA)

Jan Fermon (Lawyer of the Court case against General Tommy Franks in Brussels)

Amy Bartholomew (Law professor - Canada)

Nadia McCaffrey (Leading personality within the US anti-war movement - USA)

Gabriele Zamparini (independent filmmaker - Italy/UK)

Jeffrey Blankfort (Former editor of the Middle East Labor Bulletin and currently hosts radio programs - USA)

Jeff Archer/Malcom Lagauche (Journalist - USA)

Carlos Varea (coordinator of SCOSI - Spanish Campaign against Occupation and for the Sovereignty of Iraq - Spain)

Joachim Guilliard (Journalist, Anti-war movement - Germany)

Sigyn Meder (Anti-war movement - Sweden)

Manuel Raposo (the Portuguese hearing of WTI)

Ludo De Brabander (Vrede – Belgium)

Peter Algoet (Humanistisch Verbond)

Jos Hennes (EPO publishers)

Frank Vercruyssen (actor - TG Stan)

 

* Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff 
Originalfassung des Briefes: http://www.brusselstribunal.org/Amnestyletter.htm


siehe auf der Seite des Brussells Tribunal  auch: