Im Linksruck-Gespräch reden Mohammad F. Awad und Dr. Mahammad J. Haded
über die Besatzung, den Widerstand und die Wahl.
Linksruck Nr. 194, 2. März 2005
Ihr fordert, dass die Besatzer den Irak verlassen. Bricht dann Chaos aus?
Dr. Haded: Das Chaos ist erst mit dem Einmarsch der US-Armee ausgebrochen. US-Präsident Bush hat gesagt, er kämpfe gegen Terroristen. Aber Bush hat niemals Verbindungen zwischen al-Qaida und dem Irak gefunden, weil es nie welche gab. Heute haben wir im ganzen Land Terrorismus. Die Terroristen werden verschwinden, wenn die Besatzer abziehen. Awad: Die USA sollten einen Rückzugsplan vorlegen. Wenn Soldaten benötigt werden, um Sicherheit zu gewährleisten, könnten das arabische Soldaten sein, aber keine Besatzungssoldaten wie jetzt. Dr. Haded: Wir wollen die Besatzer nicht und wir werden nicht erlauben, dass die USA als nächstes den Iran und Syrien angreifen.
Immer wieder werden bei Bombenanschlägen viele Zivilisten getötet. Gehört das zum Widerstand?
Dr. Haded: Der Widerstand arbeitet mit verschiedenen Mitteln. Ich leiste auch Widerstand, wenn ich der US-Armee nicht helfe. Aber wer Unschuldige in die Luft sprengt, nur weil er dabei auch ein, zwei US-Soldaten erwischt, ist kein Widerstandskämpfer. Iraker töten keine Iraker. Awad: Die Widerstandskämpfer sind die besten Iraker. Sie lieben ihre Heimat und ihr Volk.
Wie kommen Sunniten, Schiiten und Kurden miteinander aus? Ist das Land gespalten?
Dr. Haded: Ich bin Arzt und arbeite mit Kollegen zusammen, die Christen oder Schiiten sind. Das war nie ein Problem. Die Vereinigung aller Imame im Irak besteht aus Kurden, Sunniten und Schiiten. Es gibt Parteien, in denen ebenfalls Christen, Sunniten, Kurden und Schiiten zusammenarbeiten.
Es gibt keine Spaltung?
Dr. Haded: Es gibt sie, weil die USA versuchen, uns auseinander zu treiben, damit sie unser Land besser kontrollieren können.
Bush behauptet, die Iraker kontrollieren das Land bald selber. Viele Menschen hätten an den Wahlen teilgenommen. Stimmt das?
Dr. Haded: Nein. Im Irak leben 26 Millionen Menschen. Die Regierung behauptet, dass 8 Millionen gewählt hätten. Verschiedene Organisationen im Irak schätzen, dass höchstens 5 Millionen zur Wahl gegangen sind. In der Region um Falludscha haben nur 2 Prozent der Menschen gewählt. Awad: Das war eine symbolische Wahl, keine echte. Viele haben die Wahl boykottiert; übrigens nicht nur Sunniten, wie oft behauptet wird. Die Anhänger des schiitischen Geistlichen al-Sadr haben beispielsweise auch nicht gewählt. Auch Turkmenen oder Christen haben an der Wahl nicht teilgenommen und sogar dagegen demonstriert.
Das Gespräch führte Frank Essers